Ich dachte ich hab alles im Griff. Ich dachte ich hab die Kontrolle. Ich dachte...

So also ich wurde aus der Tagesklinik entlassen und hatte einen Aufnahme Termin für die Salus Friedberg am 27.07.2021. Entlassen aus der Tagesklinik wurde ich Ende Februar...war also noch bisschen Zeit bis dahin.

Gleich die Woche nach meiner Entlassung bin ich wieder zurück ins Lager zum Arbeiten gegangen. Diesmal habe ich jedoch eine Stunde länger gearbeitet als vorher. Also hab ich nun von 08:00 Uhr - 13:00 Uhr gearbeitet. War auch alles cool, hat immer noch Spaß gemacht und ich hab mich super mit meinen Kollegen verstanden. Alles Tip-Top...zumindest auf der Arbeit.

Psychisch ging es mir nicht wirklich gut. Ich war irgendwie verzweifelt, traurig und einfach müde. Müde vom Leben. Mein Leben war irgendwie langweilig...mir war langweilig. Und naja zum Zeitvertreib habe ich mir mal wieder Tinder runtergeladen. Ich wusste nicht genau was ich dort suchte...Freunde, Freundschaft+ oder eine Beziehung? Wollte ich Spaß oder was ernstes? Irgendwie beides.

Ja und so fing ich mal wieder an mit tausend Männern & Frauen zu schreiben und mich mit, ich sag mal 50% davon dann auch zu treffen. Irgendwie hatte ich gefühlt jeden tag ein anderes treffen. Die meisten waren dann nur zum Spaß da und nach einmal sehen wieder vergessen. Es gab durchaus auch den ein oder anderen mit dem ich mich mehrmals traf aber so ne richtige Bindung konnte ich zu denen nicht aufbauen. Bei dem einen Typen hatte ich jedoch ein wirklich gutes Gefühl. Ich dachte da könnte was ernstes was draus werden aber irgendwie entpuppte er sich doch als Langweiler. Mit dem konnte ich nie raus gehen & was unternehmen. Wir waren immer nur in seinem Zimmer....total öde mit der Zeit. dann ein weiterer typ, eigentlich super nett aber hmm wie sag ich das...einfach nicht auf einer Augenhöhe mit mir. Er war 3 Jahre jünger als ich, was mich nicht gehindert hat mit ihm Kontakt aufzunehmen, man weiß ja nie...jedoch war er tatsächlich nicht besonders reif bzw. halt nicht auf dem gleichen Level wie ich. Er war auch so ein bisschen so ein "pick me boy" und dazu muss ich ja eigentlich nicht viel sagen. Und daaaaann kam ein Typ in mein Leben wo ich wirklich Hoffnung hatte und ja gut vielleicht war ich auch ein bisschen verliebt.

Wir haben erst nur geschrieben und naja irgendwie wollte ich mich eigentlich nicht mit ihm treffen. Habe nur aus Langeweile mit ihm geschrieben. Dann eines Abends als ich von einem Kerl versetzt wurde, ich mich aber schon fertig gemacht hatte und halt irgendwie unbedingt was machen wollte, traf ich mich halt mit ihm. Wir haben uns sofort prima verstanden und ich weiß nicht er hat mich so behandelt wie eine Prinzessin und das hat sich einfach gut angefühlt. Ich wurde begehrt und wahrgenommen. Er tat all das was eine Frau will...also wurden weitere treffen daraus und es wurde immer schöner. Ich habe auch meinen Eltern von ihm erzählt, meinen Freunden sowieso. An einem Samstag lud er mich dann zu sich ein bzw. in den Garten von seinem Vater wo Freunde von ihm wären sowie sein Vater selbst. Ich war total aufgeregt und freute mich riesig. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste war, dass sein Vater Alkoholiker war und demnach ne Menge davon vor Ort. Ja und so führte eins zum anderen. Mein typ wusste nicht, dass ich in dem Sinn ja nicht trinken "durfte"...er wusste auch nichts von meiner Vergangenheit...und durch meine emotionale und psychische Instabilität war ich dem gesellschaftlichem druck nicht gewachsen und trank.

Da ich nun irgendwie jedes Wochenende bei ihm und seinem Vater im garten war wurde aus diesem einen mal eine Regelmäßigkeit. Mit der Zeit hörte ich auf mich zu ritzen und trank lieber. Ich ging auch selber mich allein was einkaufen. Wenn ich mit meinen Freunden war trank ich auch...egal mit wem ich mich traf, Alkohol war immer im Spiel. Echt erstaunlich, egal wo ich war, was ich machte oder mit wem ich war, ich musste immer Alkohol trinken um zu funktionieren. Um lustig zu sein, um gut gelaunt zu sein, um Spaß zu haben, um Gespräche zu führen, um Sex zu haben usw. Aber es war nicht so eine bewusste Sache sondern eher so automatisch, wenn wir irgendwo uns trafen dann nahm ich was mit. Setzten wir uns in ein Café bestellte ich einen Baileys Latte anstelle einem normalsen...es war so normal für mich. Es sagte ja auch irgendwie keiner was.

ich bemerkte gar nicht wie ich mir alle meine Sorgen, Ängste & Zweifel weg trank. Ich bemerkte nicht, dass ich meine Sucht verlagert hatte. Von den Drogen zum Ritzen und dann zum Alkohol. Ich wusste nicht, dass ich ein Problem hatte. Und dennoch hielt ich es vor meinen Eltern geheim...Angst vor Anschuldigungen, und vorwürfen? Angst vor Schuldgefühlen? Angst vor der Wahrheit? Warum hielt ich es geheim? Ich bin doch eine Erwachsene frau, ich kann selber entscheiden was ich tue und was nicht.

So und dann 5 tage bevor ich nach Friedberg in die Salus sollte kam ein Anruf von dort. Es wären keine Betten frei bla bla bla, der Aufnahmetermin muss verschoben werden...Auf den 20.09.2021.

hm ja ok gut. Kann ich wenigstens noch bisschen weiter trinken.

Als ich dann mal wieder bei meinem Arzt/Psychiater in Aschaffenburg war, der mich fragte wie es mit meinem Konsum aussieht und ich daraufhin mehr oder weniger beiläufig erwähnte dass ich halt trinke, da wurde er hellhörig. Daraufhin kam ne richtige Standpauke. Über eine Stunde saß ich in seinem Büro. Er fragte wie viel, wieso, wie oft usw. naja und dann erklärte er mir ganz direkt, dass das nicht normal sei. Wenn ich genau so weiter trinken würde wie bisher und mit denn Wissen über die Toleranzsteigerung, würde ich nicht sehr alt werden. Ich bin Alkoholikerin. Er knallte mir einige Sachen an den Kopf und als ich da irgendwann raus ging fing ich an zu heulen wie sau. Ne Stunde lang saß ich draußen vor dem Gebäude und habe geheult. Mir wurden die Augen geöffnet und das war wirklich kein angenehmer Moment. Ich war verzweifelt und überfordert. Ich wusste nicht wohin mit mir. Ich war verletzt von mir selber.

Ich war nichts anderes als eine Enttäuschung. Ich dachte ich hätte alles im Griff. Ich dachte mir geht's gut. Ich dachte alles ist in Ordnung. ich dachte ich hab die Kontrolle.

Irgendwie habe ich es meinen Eltern gebeichtet...nach knapp 4 tagen Bedenkzeit...übrigens an dem Tag wo ich es quasi erfahren habe hab ich natürlich abends maßlos übertrieben mit dem Alkohol und die darauffolgenden Tage auch.

Gut und dann musste ich halt nochmal in eine Entgiftung bevor ich nach Friedberg in die Langzeittherapie konnte. Und diese Entgiftung habe ich in Lohr gemacht.

- Fortsetzung folgt -

Tanja

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