Von der Euphorie & Motivation ein neues Leben zu starten zurück zur erschöpften, traurigen, dunklen & enttäuschenden Seite meines Lebens.

23.März 2020 - Meine Entlassung aus der Klinik

Ich wusste nicht was mich erwartet aber ich war überaus motiviert mein Leben nochmal von neu zu starten. Ich war euphorisch und hab mich so frei gefühlt. Es war aber auch echt seltsam wieder "frei" zu sein. Ich fühlte mich dennoch unglaublich lebendig. ich hatte so viele Pläne und Ziele :)

Gerade kam Corona richtig ins Rollen. In der Klinik hatte ich so gut wie nichts von der Außenwelt mitbekommen und jetzt war auf einmal alles anders. Die Menschen verhielten sich so anders...so weit entfernt von allem. Manche trugen Gesichtsmasken, was wirklich sehr erschreckend war zu Anfang.

Naja zuhause angekommen passierte die darauffolgenden Wochen nicht besonders viel. Ich war halt wieder da. Ich hatte jedoch keine Aufgaben oder Verpflichtungen bis ich wieder mit dem Studium begann, wieder einstig auch wenn es so 2-3 Wochen später war. Das war tatsächlich nochmal sehr dramatisch. Da war wohl irgendein technischer Fehler weshalb ich nicht mitbekam, dass die Vorlesungen wieder anfingen. Demnach hatte ich einiges aufzuholen und dann stand ja auch der Umzug nach & innerhalb Hamburgs bevor. Meine heißgeliebte erste Wohnung musste ich aufgeben. Es war einfach die beste Entscheidung und jetzt so im Nachhinein kann ich das auch nur bestätigen. Ich zog dann zu einem bekannten wo ich ein Zimmer hatte. Durfte aber alles mit benutzen und wir verstanden uns ziemlich gut, weshalb wir auch schnell gute Freunde wurden und immer mehr zusammen unternahmen. Manchmal machten wir zusammen Sport (Homeworkout da die Fitnessstudien ja wegen Corona geschlossen hatten), kochten zusammen, gingen mit seinem Hund spazieren oder schauten gemeinsam einen Film.

Wäre ich alleine wieder in meine alte Wohnung gegangen wäre das glaube ich nicht gut ausgegangen. Ich mein das Wort "alleine" ist ja schon gefährlich genug. Ich hab wirklich jemanden gebraucht der einfach da ist, mir Gesellschaft leisten, ein offenes Ohr hat und mich in gewisser weise auch nach vorne pusht. Und das tat mein neuer Mitbewohner. Außerdem war ich in einem ganz neuen Umfeld. Keine Erinnerungen usw. Neuer Teil von Hamburg und neuer Teil meines Lebens.

Jaaaa so nur gab es da ein Problemchen. Das mit diesen Online-Vorlesung war nicht so easy peasy wie man sich das vorstellt. Schon gar nicht wenn man eigentlich noch gar nicht bereit ist wieder ein Studium aufzunehmen. 

Ich konnte mich während den Vorlesungen kaum konzentrieren. Ich verlor schnell das Interesse, nicht weil es wirklich langweilig von den Themen her war sondern naja ich saß halt in meinem Zimmer, den Laptop vor mir und guckte eine wildfremde Person auf einem Bildschirm an, die mir irgendwas von Psychologie erzählte. Es gab keine PowerPoint Präsentation, keine Bilder, niemand stellte Fragen oder brachte irgendwas zu bei. Alle saßen wohl hinter den Bildschirmen und hörten einfach zu. Dann, klar wurde ich von allem möglichen wie z.b meinem Handy abgelenkt. Es gab durchaus auch Tage wo ich währenddessen einschlief weil es einfach so verdammt monoton war....Als ich dann auch anfing selber zu recherchieren und zu lernen hatte ich die Hoffnung, dass es jetzt spannender werden würde...doch ich kam nicht wirklich voran. Die Lehr-Bücher kann man eh in die Tonne Kloppen, so langweilig sind die. 

Irgendwann fühlte ich mich einfach überfordert weil ich nicht wirklich hinter her kam und auch irgendwie nichts mehr verstand. Ich bemühte mich so sehr aber irgendwie wollte es nicht so klappen und da kamen meine Zweifel und Depressionen wieder. Irgendwie sah ich meine Zukunft nicht mehr so klar. Sie war da aber sehr verschwommen. Mir ging es also wieder schlechter und ich war einfach trauriger. Dennoch gab ich nicht auf & lies mir von einem bekannten Studienkollegen Nachhilfe geben und ging in eine Lerngruppe. Dadurch fühlte ich mich zwar sicherer aber nicht so sicher als das ich irgendwie wieder gutgelaunt, motiviert und positiv durchs Leben gehen könnte.

Und dann kam es so weit, dass ich wieder anfing zu trinken. Ich wusste nicht, soll ich oder soll ich nicht. Ich stand ja unter Medikamenten...doch irgendwie gab ich dann ein Scheiß drauf. Doch wo ich dann einmal wieder angefangen hatte war irgendwie jedes Wochenende was an Alkohol mit im Spiel. dadurch wirkten die Medikamente nicht mehr so, was natürlich dazu führte, dass ich immer depressiver wurde. Ich zog mich weiter zurück aber nicht so sehr, dass es jemand auffallen könnte. Ich schob immer alles aufs Studium. Ich hatte keine Zeit, ich musste lernen usw.

So und dann war Prüfungswoche. 4 Prüfungen in einer Woche. Zu drei ging ich auch hin. Doch nach drei Prüfungen wo ich fast nichts ausfüllen konnte und nur ratlos davor saß, überfordert war, mich unwohl fühlte und wirklich jegliche Hoffnung verlor, entschied ich mich das Studium abzubrechen. Also ging ich natürlich auch nicht zur letzten Prüfung.

Die letzten Monate waren so anstrengend gewesen. Ich war im Entzug, in einer Klinik, aus meinem gewohnten Leben gerissen, auf Medikamente eingestellt, Corona, das Studium zu spät wieder aufgenommen, innerhalb Hamburgs umgezogen, wieder angefangen zu trinken und schließlich saß ich vor den Blättern die die Prüfung für dieses Semester, von dem ich irgendwie nix mitbekommen hatte, sein sollten. Ich war einfach noch nicht bereit wieder zu studieren. Ich war nicht bereit wieder in Hamburg zu leben und auf mich gestellt zu sein. Ich war nicht stabil ... doch dann war es halt zu spät. Man kann die Zeit nicht zurück drehen. jetzt wüsste ich was ich anders gemacht hätte doch jetzt ist es nun mal zu spät.

Als ich meinen Eltern von meinem Entschluss berichtete und zu Besuch zu Ihnen kam fällten wir gemeinsam die Entscheidung, dass es das beste wäre wenn ich wieder zu meinen Eltern nach Hessen ziehen würde. Was dann passierte würden wir dann sehen. Ich brauchte einfach mehr Unterstützung als wir alle dachten. Ich war noch viel zu instabil & irgendwie hatte damit keiner so richtig gerechnet. Ich am aller wenigsten.

Doch so kam mein nächster Tief...ich hatte verloren. Ich hatte aufgegeben. Meine Träume waren zerplatzt. Was jetzt? Wo hin mit mir? Was hab ich vor? Was will ich tun? Wer will ich sein? Es gab keine Zukunft mehr. Nur noch die Vergangenheit. Jegliche Euphorie und Motivation welche ich an meinem Entlass Tag aus der Klinik gespürt hatte war weg. Komplett weg. Ich sah keinen Sinn mehr in nichts. Ich war schwach, erschöpft, lustlos und kaputt.

Ich war müde. So müde. Also schlief ich. Tagsüber und Nachts. Ich hatte ja keine Aufgabe in meinem Leben...keine Verpflichtungen, also schlief ich. Den ganzen Tag. Wenn ich wach wurde aß ich ne Kleinigkeit, schaute ein bisschen fern und tippte mal auf dem Handy aber dann schlief ich wieder ein. Am Tag war ich vielleicht ein paar Stunden wach. Jedes mal wenn ich wach war fühlte ich mich so matschig und traurig. Ich hatte nicht mal mehr Zeit aber vor allem keine Kraft mich um Alkohol zu kümmern. Mir war alles so verdammt egal. Hauptsache ich konnte schlafen. Denn wenn ich schlief, hatte ich auch keine Sorgen & Probleme. Ich war ja nicht bei Bewusstsein, also auch keine bösen depressiven Gedanken.

Dennoch gab es Stunden wo ich eben wach war und da plagten mich Schuldgefühle, Zweifel, Ängste usw. Ich fühlte mich als eine Enttäuschung weil ich das Studium abgebrochen hatte und wieder bei meinen Eltern war. Ich fühlte mich als eine Enttäuschung weil ich nicht alleine klar kam, ich brauchte so viel Hilfe und Unterstützung...Ich hatte keine Ziele & Motivation mehr. Ich hatte so viel Zeit verloren. Ich war so unendlich traurig und enttäuscht von mir selbst. Ich sah mich als Fehler. Ich bereitete jedem nur Unglück, vor allem mir selbst. Ich war nicht gut genug also wieso sollte ich aufstehen und irgendwas machen, am Ende würde ich eh wieder Versagen und alle Enttäuschen.

In mir war so viel Schmerz und Leid...So viel Wut und Trauer...

Da trafen meine Eltern eine Entscheidung für mich. Natürlich fragten Sie mich vorher.

Ich sollte ein zweites mal in die My Way Betty Ford gehen. Für zwei Wochen um wieder neuen Mut zufassen.

Meine Eltern waren verzweifelt und wussten nicht was sie tun sollte & so riefen sie in der Betty an. Ich mein sie sahen ja nur das Häufchen Elend was den ganzen tag am schlafen war...ja und ich war einverstanden nochmal in die Betty zu gehen. Ich mein was sollte es schon bringen aber schaden konnte es bestimmt nicht. Und irgendwo tief in mir drin kam auf einmal wieder Hoffnung. Hoffnung, dass doch alles gut werden könnte.

- Fortsetzung folgt -

Tanja

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