selbständig leben vs. abhängig leben
Ich hatte in einem vorherigen Post ja schon mal erwähnt, dass ich mir nicht bewusst war welch eine Entscheidung ich mit dem Entschluss in eine Klinik zu gehen traf. Ich wusste nicht auf was ich mich eingelassen hatte. Bis zu folgendem Zeitpunkt.
Ich weiß noch wie ich mit ein paar anderen Patientin in dem Raucher Häuschen saß, wir Kaffee tranken, die Decken über uns geworfen hatten, es leicht regnete und wir darüber sprachen wie ein bereits entlassener Patient mit Alkohol gesichtet wurde. Ich habe da gar nicht verstanden was die sich so darüber das Maul zerreißen. Er hatte doch gar kein Problem mit Alkohol. Wieso darf er dann nicht mal zum essen einen Wein trinken? Natürlich hab ich das auch ganz offen so gesagt. Die Blicke sprachen Bände und daraufhin wurde mir erklärt weshalb es denn so ein Problem wäre.
Also im Endeffekt ist es eigentlich ganz simpel und total logisch. Alkohol senkt die Hemmschwelle. Der Verstand wird ausgeknipst und das führt dann zu unüberlegten Handlungen wie zum Beispiel Drogen Konsum. Wenn man sich nun also häufiger Alkohol in sich rein laufen lässt ist die Wahrscheinlichkeit & das Risiko um weitaus höher Rückfällig zu werden. Es ist tatsächlich so, dass wenn man sich entscheidet clean zu leben, dass man die Finger von jeglichen Suchtmitteln lassen sollte. So und der nächste Punkt ist die klassische Suchtverlagerung, die ich bis dahin noch gar nicht kannte. Von der einen Sucht die man abgelegt hatte zur nächsten Sucht, die man nicht als Gefahr ansah. Das alles passiert so schnell. Natürlich mag jetzt die Aussage fallen, dass man mit Alkohol nie ein Problem hatte und man das kontrollieren kann usw. ABER
1. Dennoch steigt das Risiko mit Drogen Rückfällig zu werden aufgrund der gesenkten Hemmschwelle und des ausgeknipsten Verstandes.
2. Eine Suchtverlagerung geschieht unbewusst.
3. Jemand der von Grund aus Suchtanfällig ist bzw. ja schon Suchtkrank ist, der kann eine andere Substanz nicht kontrollieren. Das geht einfach nicht. Vielleicht für die ersten zwei Wochen, vielleicht auch länger aber ganz bestimmt nicht ein leben lang. Geht einfach nicht.
Nachdem mir all das erklärt wurde und auch die darauffolgenden Tage es immer wieder in Gesprächen aufkam fing ich an bewusst darüber nachzudenken. Ich setzte mich damit auseinander und realisierte wo ich mich befand und dass es bedeuten würde, dass ich rückfällig werden würde, wenn ich nach dem Aufenthalt hier etwas konsumieren würde. Mir wurde klar, dass ich kein Alkohol mehr trinken könnte, wenn ich clean leben wollte.
Wollte ich clean leben?
So saß ich nun da und fragte mich, ob ich denn wirklich clean leben wollte. Ob ich wirklich nie wieder konsumieren wollte & ob ich auch den Alkohol aufgeben wollte.
Durch die Medikamente ging es mir ja zunehmend besser und auch die Psychose war irgendwann ganz weg. Also erinnerte ich mich immer wieder daran wie es war als ich noch konsumierte. Wie ich mich gefühlt hatte und generell wie es mir erging. Ich hatte Angst vor dem was mir passiert war. Angst, all das könnte zurück kommen. So beschloss ich, da ich ja nun schon in der Klinik sei auch wirklich ein cleanes Leben führen zu wollen. Das mit dem Alkohol ließ ich mir noch offen. Doch auch nicht lange. Ich war ja zu dem Zeitpunkt schon ne Zeitlang nüchtern und den Alkohol hatte ich kaum vermisst also wieso sollte ich dann nach so langer Zeit wieder anfangen zu trinken? Zudem kam ja auch, dass die Medikamente sich mit Alkohol nicht besonders gut vertragen würden.
Ich dachte täglich darüber nach, doch insgeheim hatte ich einen Entschluss gefasst.
Dennoch sprach ich es nie aus. Stattdessen redete ich mit vielen mitpatienten darüber und auch mit meinen Freunden. Ich bestellte mir immer mehr Selbsthilfe Bücher um mich selbst zu finden. Mich selbst, meinen Sinn & meinen Willen. Ich verbrachte viel Zeit mit mir selbst und befasste mich mit allen möglichen Themen rund um mein ICH.
Ich stellte mir viele verschiedene Szenarien vor wie mein Leben ablaufen könnte. Ich schrieb an meinem Buch, was mich immer weiter mit meiner Vergangenheit abschließen lies. Auch in den Therapiestunden wurde ich zunehemnd gesprächiger und selbstbewusster. Die traumatherapie half mir auch immer mehr. Das Leben wurde wieder bunter und ich hatte irgendwann richtige Ziele vor Augen.
Und so kam ich zu dem festen Entschluss (den ich dann auch aussprach):
"Ich will ein sauberes, trockenes und nüchternes Leben führen. Ich will mein Studium wieder aufnehmen und zurück nach Hamburg. Ich will wieder selbständig und nicht abhängig leben."
Und mit diesem Entschluss veränderte sich ALLES.
- Fortsetzung folgt -
Tanja
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