F16.1G
F16.1G - Psychische und Verhaltensstörung durch Halluzinogene: Schädlicher Gebrauch.
Ein Zustandsbild nach Aufnahme einer psychotropen Substanz mit Störungen von Bewusstseinslage, kognitiven Fähigkeiten, Wahrnehmung, Affekt und Verhalten oder anderer psychophysiologischer Funktionen und Reaktionen. Die Störungen stehen in einem direkten Zusammenhang mit den akuten pharmakologischen Wirkungen der Substanz und nehmen bis zur vollständigen Wiederherstellung mit der Zeit ab, ausgenommen in den Fällen, bei denen Gewebeschäden oder andere Komplikationen aufgetreten sind. Komplikationen können ein Trauma, Aspiration von Erbrochenem, Delir, Koma, Krampfanfälle und andere medizinische Folgen sein. Die Art dieser Komplikationen hängt von den pharmakologischen Eigenschaften der Substanz und der Aufnahmeart ab.
- Trance und Besessenheitszustände bei Intoxikation mit psychotropen Substanzen
Es fing an wie jeder andere Abend in meinem Leben. Wir, meine beste Freundin und ich, wollten feiern gehen, Ziel war der Kiez. Ganz klar. Wir tranken auch nur ein Bier also waren nicht wirklich alkoholisiert. Ich glaube sogar dass ich das Bier nicht mal ausgetrunken hatte. Bevor wir los gingen schmissen wir beide ein Teil und los gings.
Der Weg von meiner Wohnung zur U-Bahn ist so nebelig und schleierhaft, dass ich dazu nicht viel sagen kann. In der U-Bahn kann ich mich daran erinnern, dass mir unglaublich heiß wurde und leicht schwindelig. Ich brauchte unbedingt frische Luft. Es war aber noch alles in Ordnung. Also mir ging es jetzt nicht so super aber ich fühlte mich eher als würde ich Hyperventilieren anstatt druff zu sein.
Wir stiegen am Hauptbahnhof aus, holten eine Flasche Wasser und gingen direkt raus an die frische Luft. Oder hatten wir die Flasche Wasser schon dabei? Ich weiss es garnicht mehr so genau. Die frische Luft tat aufjedenfall gut. Die Zigarette ging auch gut. Als ich mich dann besser fühlte gingen wir wieder runter zu den Gleisen, wir mussten ja noch weiter fahren. Von dem Rausch spürte ich noch immer nichts.
Wir saßen also wieder in der Bahn. Und da kickte es. Der Trip fing an. Ich spürte wie mir heißer wurde, ich anfing zu schwitzen und sich alles um mich herum drehte. Alles fühlte sich so unrealistisch an. Ich blickte um mich und es war als würde mich jede einzelne Person in der Bahn anstarren würde. Nicht einfach nur angucken, nein, sondern richtig anstarrte. Ich fühlte mich so unwohl. Alle beobachteten mich. Es war als könnte ich spüren wie sie mich verurteilten. Wie schlecht sie von mir dachten. Als wäre ich wirklich schlecht. Irgendwie hatte ich auch Angst. Meine Hände zitterten und waren komplett verschwitzt. Ich sagte meiner Freundin ich müsse sofort aussteigen. Und so stiegen wir Landungsbrücken aus.
Dort angekommen fuhren wir erstmal die Rolltreppe hoch. Oben angekommen war ein recht schmaler gang mit rechts und links ein paar Geschäften, die jedoch alle geschlossen warne. Der recht schmale Gang führte durch eine kleine Baustelle nach draußen. Wir setzten uns jedoch erstmal mitten in den Gang und lehnten uns an eine Wand. Gegenüber war ein kleiner Bäcker, auch geschlossen. Nun saßen wir da. Ich hatte immer eine Tüte dabei falls ich kotzen musste und so hielt ich mir die Tüte unter die Nase, in der Hoffnung zu kotzen und danach wäre alles wieder gut und wir könnten auf den Kiez fahren. War nur leider nicht so. Geistig isolierte ich mich immer weiter von der Außenwelt. Ich saß einfach da.
Ich weiß nicht mehr was um mich herum passierte oder was ich dachte. Ich war einfach existent und das wars. Ich kann auch nur schwer beschreiben wie ich mich fühlte. Es war aufjedenfall alles andere als angenehm. Wieso weiß ich nicht mehr aber wir gingen dann durch den schmalen gang, durch die Baustelle nach draußen. Meine Freundin gab mir ihre Jacke auf die ich mich setzen konnte.
Ich hab keine Ahnung wie ich von außen aussah, wie ich auf andere wirkte oder sowas. Ich weiß aber noch dass einige Leute stehen blieben und fragten ob alles okay sei. Ich konnte nicht reden. Ich wollte aber es ging einfach nicht. Ich glaube ich habe genickt. Kann aber auch sein dass ich garnicht reagiert habe...kann es echt nicht mehr sagen.
Woran ich mich sehr gut erinnern kann, war dass ich diesen einen Satz immer wiederholte wie bei einer Zwangsstörung. Ich musste den Satz einfach immer wieder sagen. "Ich bin müde." Ich war nicht müde. Ich war hellwach. Ich war aber schwach. Meine Augen wollten zufallen. Immer wieder wurde mir für kurze Momente auch schwarz vor Augen und da bekam ich Angst, richtige Panik. Ich dachte würde ich die Augen wirklich zuhalten, würde ich wirklich einschlafen oder bewusstlos werden, würde ich nicht mehr aufwachen. Ich hatte tatsächliche und wortwörtliche Todesangst.
Irgendwie nebenbei bemerkte ich wie meine Freundin hin und her lief und wie verrückt telefoniert. Dann Aussetzer. Schließlich kniete sie vor mir und fragte ob sie einen Krankenwagen rufen sollte. Ich wusste es selber nicht. Ich war unsicher. Ich konnte nicht klar denken und ich fühlte mich so schrecklich, konnte kaum reden. Zumindest nicht so wie ich wollte. Ich konnte einfach nur da sein. Dann Aussetzer. Ich war in einem komplett anderen Universum. Ich war nicht wirklich ansprechbar aber anscheinend reagierte ich doch noch auf das ein oder andere.
Der Krankenwagen kam. Zwei Sanitäter standen vor mir. Redeten, sagten irgendwas. Ich verstand sie nicht. Konnte nicht das sagen was ich wollte. Ich wollte einfach das alles nicht fühlen. Ich wollte nicht sterben. Ich wollte nachhause. Ich wollte dass das alles einfach vorbei war. Dann Aussetzer.
Nun lag ich im Krankenwagen. Was um mich herum passierte bekam ich nun überhaupt nicht mehr mit. Es fühlte sich so an als würde ich aus meinem Körper heraustreten und mich von außen betrachten. Ich sah mich dort liegen und im nächsten Moment war ich wieder in meinem Körper und schaute nur leer und starr geradeaus. Ich dachte nicht, ich bewegte mich nicht, nix. Ich war einfach existent. Dann Aussetzer.
Im Krankenhaus fragte dann irgendeine Schwester nach meiner Adresse und dann halt die Postleitzahl. "22111" antwortete ich, auch wenn sie mich garnicht angesprochen hatte. Ihre Aussage dann war: "Die ist doch ansprechbar, ist wohl doch nicht so schlimm."
Ich konnte mich nicht wirklich bewegen und mein Blick war noch genauso starr und leer. Reden ging auch nicht. Doch ich konnte denken und ich bekam alles mit. Auf einmal konnte ich alles um mich herum, bewusst wahrnehmen aber ich konnte meinen Körper nicht steuern. Als ich dann in so einem Raum war, wurde mir ein Zugang gelegt und irgendeine Flüssigkeit in den Körper gepumpt. So und dann wurde es langsam besser. Alle unangenehmen Gefühle wurden schwächer und ich bekam wieder die Kontrolle über meinen Körper. Nicht von jetzt auf gleich aber langsam. Zur Toilette konnte ich nicht einfach alleine hin laufen. Ich konnte absolut überhaupt nicht laufen. Also musste der Rollstuhl her. Es war seltsam denn ich spürte meine Beine ja aber sie waren irgendwie wie Gummi sobald ich versuchte sie zu belasten.
Meine Freundin war die ganze Zeit an meiner Seite. Ich glaube wir waren 6 Stunden im Krankenhaus bevor ich entlassen wurde. Wir riefen dann ein Taxi und fuhren zu mir nachhause. Dort schlief ich dann erstmal auf der Couch beim Film gucken ein.
Übrigens, die Sanitäter hatten kein Gesicht. Also sicher sie hatten eins aber ich sah es nicht. Für mich hatten sie kein Gesicht und keine Köpfe. Ich weiß bis heute nicht wie die Sanitäter aussahen, ich hab absolut keine Ahnung. Ich weiß nur, dass es zwei Männer waren.
Es war schrecklich. Alles andere als ein schöner Freitag-Abend. Hat mich das von drögen endlich abgeschreckt? Hat dieses grausame Erlebnis mir nun endlich die Augen geöffnet? NEIN.
Keine 24h nach Entlassung hatte ich schon den nächsten Joint in der Hand und natürlich auch ne weiß gepuderte Nase. Auf Ecstasy hatte ich jedoch keine Lust mehr. Aber alles andere nahm ich weiter.
Achja, jeder der die Bahn-Station Landungsbrücken in Hamburg kennt, wird sich wahrscheinlich gewundert haben wie ich diese beschrieben habe. Wenn du es nicht weißt, google mal.
Diese extrem starke und realistische Halluzination wurde mir erst zwei Wochen später bewusst. Dies war auch der Auslöser der mich realisieren ließ, dass ich seit dem Krankenhaus bedrohliche Halluzinationen hatte und die Furchteinflößenden Stimmen hörte.
Dies war der Auslöser der in mir die Frage " Was ist Real?" auslöste. (siehe Post "Psychose")
Überdosen und generelle Abstürze sind einfach grauenvoll. Sie machen kein Spaß. Sie machen einen nur noch kaputter als man eh schon ist. Doch ist der Absturz oder die Überdosis nicht schlimm genug so versteht man auch n nicht was die Drogen für einen Schaden anrichten. Jetzt stellt sich halt die frage, was denn schlimm genug ist. Wie schlimm muss es denn sein? Und ich glaube darauf gibt es keine Wirkliche Antwort. Jeder ist ja anders also empfindet anders. Des weiteren glaube ich, dass es an sich nicht darauf ankommt ob man fast stirbt oder ob man keine Kontrolle mehr über seinen Körper hat so wie ich. Es kommt viel eher auf diesen einen Moment an. Dieser eine Moment der dir die Augen öffnet. Ich weiß nicht genau wie er ausgelöst wird aber man muss schon am Abgrund stehe. Man muss schon kurz vor dem Absprung sein, schon fallen bis dieser Punkt eintritt. Und dieser Punkt ist bei jedem anders.
Bei mir kam er am 14. Januar 2019.
- Fortsetzung folgt -
Tanja
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