03. November 2019 Part 2
Weiter gehts...
Ok, ich hoffe ich erzähle das jetzt alles richtig, denn jetzt wird's ein bisschen schleierhaft. Nehme mir aber mein handy und damit die Fotos, Videos und Chatverläufe von dem Tag zur Hand.
Also wir saßen ja den ganzen Tag da in diesem Restaurant. Irgendwann spät abends so um 20:00 Uhr oder so hatte meine Freundin dann Feierabend. Wir liefen ganz gemütlich zur Bushaltestelle als aufeinmal ein Typ um die Ecke gerannt kam, sich vor unseren Füßen auf die Nase legte, sofort aufsprang und weiter rannte. Es ging alles so unglaublich schnell. Das was ich gesehen hatte machte mir so unglaubliche Angst. Er hatte ne Knarre in der Hand. Keine Ahnung ob die echt war oder nicht aber in solchen Momenten geht man halt immer vom schlimmsten aus. Meine Freundin reagierte sofort, indem sie dem typen hinterher rannte und ich so bescheuert wie ich war direkt hinterher. Wir rannten durch die gesamte Wohngegend und verfolgten einen Flüchtigen mit ner Knarre in der Hand, unwissend zu was er fähig war. Nach keine Ahnung wie langem rumrennen gaben wir schließlich auf und kehrten zurück zu unserem Kumpel und einem typen der den Mann ebenso beobachtet hatte. Und dann waren auch schon die Bullen da. nahmen unsere Personalien auf und befragten uns. Alles ging so schnell, fing so schnell an und war auch genauso schnell wieder vorbei. Ich war absolut geschockt von dem was gerade hier abging.
Unser Kumpel der mittlerweile wieder recht nüchtern war, abgesehen von ein paar Bier, ging dann nachhause. Der komplett K.O.
Meine Freundin und ich jedoch wanderten umher, holten uns ein Bier und versuchten erstmal darauf klar zu kommen was gerade passiert war. Schließlich beschlossen wir, uns etwas koks zu holen, das würden wir jetzt brauchen...
Gesagt, getan.
Auf dem Weg nachhause schlief ich dann erstmal für ne halbe Stunde ein, was mir wirklich gut getan hat. Als ich dann die zwei Kapseln Koks in der Hand hielt gings mir auch wesentlich besser.
Also Musik an, Kopf aus, Koks rein, Leben gut.
Unser Kumpel von vorher kam dann auch noch dazu und brachte auch nochmal ne Ladung Pepp mit.
Mir ging es wirklich richtig richtig gut und wir hatten so viel Spaß. Wir machten Fotos und Videos zusammen. Sangen lauthals mit, hatten die Musik demnach voll aufgedreht. Ich fing an richtig aus herz und Seele zu tanzen . Alles in allem war einfach alles gut und jeder Kummer von vor ein paar Stunden schien so weit entfernt zu sein. So ungreifbahr.
Ich fühlte mich so frei, so gelassen, war so dankbar und genoß wirklich jede Sekunde. Ich lachte so sehr wie ich es immer seltener tat. Demnach tat es so gut wirklich richtig lachen zu können. Mein Leben war in diesem Moment einfach wie ein Paradies. Bis zu diesem einen Punkt.
Es war schon hell draußen. Unser Stoff war aufgebraucht und wir wurden so langsam nüchtern.
Meine Freundin lag im Schlafzimmer aufm Bett und mein Kumpel im Wohnzimmer auf der Couch. Ich lief andauernd hin und her und irgendwie wollten beide, dass ich bei ihnen bleibe. Doch ich wollte dass wir uns in der Mitte, in der Küche treffen und zusammen chillten. Doch die beiden wollten nicht. Das war dann der Auslöser dafür was als nächstes passierte.
Ich setzte mich in die Küche auf einen Stuhl, zündete mir eine Zigarette an und begann das Tor meiner Gedankenwelt wieder zu öffnen. Ich ließ zu wie mich die bösesten, gemeinsten und vernichtesten Gedanken die überhand über mein komplettes Sein bekamen.
Ich begann zu realisieren was die letzten Stunden passiert war. Ich fing an zu verstehen in was für einer Scheiße ich mich gerade befand. Dann die Tatsache, dass ich nicht im Schlafzimmer & Wohnzimmer gleichzeitig sein konnte und demnach nicht für beide meiner Freunde da sein konnte zerstörte mich. Ja und dann kamen die ganzen Zweifel und Ängste über mein leben, meine Zukunft und meine gesamte Existenz dazu. Ich verlor von jetzt auf gleich jegliche Hoffnung. Ich begriff, dass ich einfach komplett am arsch war. Die depressiven Gedanken wurden immer lauter. Irgendwann bemerkte ich dann wie ich weinte und währenddessen meine Hand immer wieder gegen den Küchenschrank hämmerte.
Als mein Kumpel dann in die Küche kam und fragte was los sei, ich erst nicht reagierte, ihn dann jedoch anblickte und meinte alles ist ok, er daraufhin diese Aussage annahm und einfach aus der Wohnung verschwand, stürzte eine weitere Welt in mir zusammen.
Ich war nicht wichtig genug. Nicht gut genug. Man will sich nicht um mich kümmern. Ich bin ein Stück scheiße. Man kann mir nicht helfen. Ich bin alleine. Ich gebe so viel dafür, dass ich nichts zurück bekomme. Ich habe keine Hilfe verdient.
Die Schläge gegen den Küchenschrank wurden immer doller und auch lauter. Irgendwann stand dann meine Freundin vor mir. Sie war aufgestanden um dem poltern auf den Grund zu gehen.
Dann kann ich mich an nicht mehr viel erinnern. Ich weiß dass ich aufgestanden bin, durch die Wohnung gelaufen bin und gegen jede Wand und jede Tür geschlagen habe. Immer heftiger weinend und lauter schluchzend, irgendwann fast schreiend. Die Schläge wurden auch immer fester. Bis ich dann zur halb leeren Whisky Flasche griff und das gesöff pur runter schluckte. Meine Freundin hat glaube ich versucht mit mir zu reden oder so, keine Ahnung. Ich war nicht mehr auf dieser Welt. Ich war in einem ganz anderen Universum.
Noch nie zuvor hatte ich solche Gefühle. Solch ein Schmerz, Leid, solch eine Trauer, solch ein Frust und Verzweiflung hatte ich vorher noch nie gespürt. Meine Gedanken kannten nur noch das Negative. Mein Kopf redete mir ein wie schlecht alles sei und ich ließ alles zu und versank einfach in all dem Scheiß. Ich nahm überhaupt garnichts mehr außerhalb meiner Gedanken war. Alles war mir fremd. Nichts war mehr Real. Alles fühlte sich so falsch an. Sogar mein Körper schien nicht mehr zu mir zu gehören. Ich schwebte irgendwo zwischen Realität und Tod. Zumindest kam es mir so vor. So fühlte es sich an...
Das nächste woran ich mich erinnern kann war wie ich vorm Küchentisch stand, total am Ende, gar keine Lust, Kraft und Hoffnung mehr hatte und dann das kleine scharfe Messer da liegen sah. Es lag da so perfekt und es kam mir so vor als würde es mir zurufen. Ich wollte es nehmen und mir damit weh tun, am besten sogar alles hier und jetzt beenden. Diese Gedanken geschahen in Sekunden. Meine Freundin sah nur meinen Blick, nahm das Messer und schmiss es weg. Raus aus meinem Blickfeld.
Ich brach zusammen und weinte fürchterlich. Ich konnte einfach nicht mehr.
Die nächste Erinnerung tritt ein wo meine Freundin tausend Decken und Kissen in der Küche ausgelegt hatte um hier dann zu Chillen und dabei rauchen zu können. Ich war aufeinmal so dankbar dafür dass sie nicht von meiner Seite wich. Dass sie für mich da war. Dass sie mir mein Leben rettete.
Dann wieder ne Erinnerungslücke. Ich glaube aber dass wir dann irgendwann auf die Couch sind und ich innerhalb von Millisekunden eingeschlafen bin.
Als ich dann wieder aufwachte schien mir alles wie ein Traum. Ich wusste es war Real, ich wusste es war passiert aber ich wollte es nicht glauben. Meine Hand schmerzte fürchterlich, war auch total angeschwollen und beim versuch überhaupt nur meine Finger zu bewegen scheiterte ich schon.
Naja und dann weiß ich auch nicht mehr ganz so genau was geschah. Wahrscheinlich ging ich meinem ganz normalen Alltag nach also Joints rauchen, Fernsehe gucken, schlafen und wieder von vorn. Zwischendurch mal ne Tüte Salt & Vinegar Chips essen und Eistee trinken und so weiter machen bis wieder Wochenende war wo man dann wieder feiern gehen konnte. Irgendwie sowas.
Ah ne kurz nach diesem Absturz war ja unsere Hochzeit. Von meiner Freundin und mir. Darüber berichte ich natürlich dann im nächsten Post :)
So bevor ich hier jetzt aber fertig bin möchte ich noch eins kurz sagen. Für mich waren all diese Gefühle und Gedanken unglaublich schmerzhaft. Es war unfassbar traumatisierend. Leider gelingt es mir nicht so gut all diese Gedanken und Gefühle wirklich richtig echt zu beschreiben. Es fällt mir schwer daran zu denken aber es tut gut es endlich mal aufzuschreiben und somit loslassen zu können. Jedenfalls was ich noch dazu sagen möchte ist, dass egal wie schön der Konsum auch sein kann, er kann auch das komplette Gegenteil sein nur mit dem Unterschied, dass das einen so heftig aus der Bahn werfen kann, dass man lieber Tod als lebendig wäre. Doch dann wenn der Wendepunkt kommt wo mit Drogen es einem einfach nur noch Scheiße geht ist es zu spät. Man steckt zu tief drinnen. Man kann nicht mehr mit Drogen aber ohne gehts auch nicht, also konsumiert man weiter in der Hoffnung dass es wieder so schön wird wie es mal war. Nur das wird es nie.... nie mehr.
Tanja
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